Im Zug von der Mongolei nach China

Von Michael Koopmann
Dieser Kurztrip ist Teil eines größeren Themas: Transsib
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Unser letzte Zugfahrt der Tour beginnt um 7:15 Uhr am Bahnhof von Ulan Bator. Es ist schon etwas traurig. Unsere letzte Etappe und dann NUR 1 1/2 Tage fahrt. Vor allem da die Strecke einiges an Sehenswerten verspricht. So verrückt das klingt, aber ich hab das Gefühl bisher kaum Zug gefahren zu sein. So denkt man inzwischen. Die Zugfahrten vergehen so schnell, da es soviel zusehen und zu erleben gibt. 3 Stunde im ICE in Deutschland kommen einem da 3 mal länger vor als 4 Tage am Stück in der Transsib.

Unser Zug und der passende Wagen sind schnell gefunden. Wir sind da ja inzwischen in Übung. Diesmal haben wir einen chinesischen Zug und unser Wagen hängt ganz hinten am Schluss des Zuges. Genau so wie ich es mir gewünscht hatte. Das Wagenmaterial ist älter und dieser chinesische Wagen scheint eine modernisierte Version des mongolischen zu sein. Wahrscheinlich dann auch Ostdeutschem Ursprungs. Auch hier lassen sich zu meiner Freude die Fenster öffnen. Unser Abteil-Mitbewohner für die kommenden 31 Stunden sind diesmal zwei Dänen. Diese machen auch die Transib-Tour Moskau-Peking fahren von dort aber dann weiter über Korea zu ihrem Ziel Australien zum Ende des Jahres. Cool!

Ulan Bator verlassen wir, wie alle anderen Städte unserer Tour bisher auch, im Regen. Vielleicht hätten wir doch eine Tour in die Wüste Gobi buchen sollen damit es dort auch mal regnet ;-). Wir breiten unsere Frühstücks-Utensilien erstmal im Wagen aus und frühstücken ausgiebig. Auch da sind wir inzwischen ja Profis. Draußen hängen die Wolken tief und der Zug verlässt langsam Ulan Bator und die Vororte. Im Wagen ist es leider recht Kalt. Keine Heizung ist an. Da hilft leider nur heissen Tee trinken. Auf dem Samowar ist zum Glück verlass.

Nach einige Zeit kommen die ersten Sonnenstrahlen heraus und unser Zug schlängelt sich in viele Bögen auf Höhe. Es bieten sich die erste Möglichkeiten die Zugspitze aus dem offenen Fenster zu fotografieren. Unser Zug ist wirklich lang. Sicherlich 16 und mehr Wagen. Die Bebauung wird immer karger und es tauchen nur noch vereinzelt Jurten auf. Unser Zug macht immer weitere Bögen und Kehren um Höhe zu gewinnen. Irgendwann haben wir die höchste Stelle der ganzen Transsib-Tour erreicht! Über 1400 Meter.

Die Landschaft wird immer mehr zur Steppe. Man sieht immer weniger Bäume und Büsche bis irgendwann nur noch Gräser auf dem sandigen Boden wachsen. Trotzdem sieht man hier ab und zu mal eine Kuh-Herde grasen. Es ist aber immer noch kalt. Auch wenn die Landschaft kaum Spannend klingt, man mag sich kaum vom Fenster weg bewegen so fesselnd ist der Anblick. Immer wieder noch schnell ein Foto schießen oder noch ein kleines Video drehen.

Erster großere Halt ist Choyr für einige Minuten. Ein Dorf in der Steppe das nun wirklich nichts zu bieten hat. Aber eine gut Gelegenheit sich die Beine zu vertreten. Man merkt die Kraft der Sonne, aber der Wind ist noch kalt. Zwei, drei Fotos von der Umgebung und schon geht es weiter. Die Landschaft wird immer flacher. Hier sieht man nun das wir einen Ausläufer der Wüste Gobi durchfahren. Die Sonne heizt durch die Scheibe endlich das Abteil gut auf. Nun kann auch der Pullover ausgezogen werden.

Um 14 Uhr haben wir einen Platz im Mongolischen Speisewagen für Lunch. Durch die vielen Reisegruppen im Zug ist der Speisewagen gut ausgebucht. Für abends war gar kein Termin zu bekommen. Dann lassen wir uns halt ein schönes Mittags-Menü munden. Eine Cremesuppe, Salat, Rinderbraten und ein leckeres Dessert. Alles mit Blick auf diese unwirkliche Steppen-Landschaft draußen. Die Atmosphäre im Speisewagen ist prima. Dieser ist mit dunklen Holz eingerichtet. Viele Holzschnitzereien und Verzierungen gibt es. Wirklich toll. Leider hat das ganze auch eine guten Preis. Das Ziel unsere letzten Mongolischen Scheine auszugeben haben wir hier weit übertroffen. Da muss nun auch schon das chinesische Geld herhalten.

In Sajnsand ist wieder ein längerer Aufenthalt. Die Sonnen scheint angenehm Warm. Zeit ein paar der herumstehenden Güterzüge, den Bahnhof und die obligatorische Denkmals-Lok zu fotografieren. Am Bahnsteig treffen wir auch einige bekannte Gesichter die wir an mehreren Stellen der Tour schon getroffen haben. Die Zwei Bayern vom Baikalsee und den Engländer aus Zug 2 von Moskau aus. Wir laufen uns und schon zum vierten Mal über den Weg. 10 000 km im Zug ist wohl doch noch ein zu kleiner Radius :).

Die weitere Fahrt ist spektakulär. Immer wieder zeigen sich Berge. Mal scheinen Sie von weitem wie Sanddünen, mal haben Sie roten Fels als wären wir in Australien. Kamel-Herden sind zu sehen. Unser Zug muss sich nun in langen Kurven bergab schlängeln. Bei jedem Kilometer verändert sich die Landschaft. Keine Chance mal ruhig zu sitzen oder gar zu lesen. Zu einem mal werden die Gräser farbiger. Rötlich. Dann wird es immer grüner! Absolut faszinierend. Die Sonne kommt immer weiter runter und präsentiert eine tollen Sonnenuntergang. Lange ist dieses Farbenspiel am Horizont zu erkennen.

An der Grenze lassen wir das übliche Prozedere über uns ergehen. Laut Fahrplan mal wieder 5 Stunden „Spass“. Hier nun wieder inklusive Umspuren. Unsere Pässe werden eingesammelt, gestempelt, ausgeteilt, wir füllen wieder Zettel aus mit den eigentlich bekannten Daten und werden über die Grenzen geschoben wo das ganze wieder von vorne losgeht. Wieviel Zeit haben wir nun schon in diesen Kontrollen verbracht? Ich zähle es lieber nicht.

Auf der Chinesischen Seiten dann eigentlich das gleiche Prozedere. Bis auf ein paar Änderungen. Einmal werden meine verbliebenen 2 Pfirsiche eingesammelt da Früchte nicht über die chinesische Grenze dürfen (man hat wohl was gegen gesunde Ernährung im Zug. Gibt nur Tütensuppen). Unsere Salami, das Brot und das Nutella dürfen zum Glück einreisen. So ist Abendessen und Frühstück gerettet. Weitere Änderung ist das am Bahnhof über die Lautsprecher klassische Musik eingespielt wird. Ist mal eine Abwechslung und macht das alles etwas kurzweiliger.

Wenigstens kommen wir schon während der Passkontrolle zum Umspuren. Hier bekommen wir nun wieder ‚unsere heimische‘ Spur von 1435 mm, behalten aber unsere Wagen mit Breitspur-Profil (also weiterhin genügend Platz für uns). Unser langer Zug muss dafür geteilt werden. Das Rangieren geht natürlich wieder nur mit Riesen Gerümpel von statten. Soll ja keiner einschlafen. Für die musikalische Unterhaltung sorgen jetzt aber nicht die Chinesen sondern eine Kanadische Gruppe auf der Gitarre. Das Umspuren unterscheidet sich wenig zu dem in Weißrussland. Wagen rauf, Drehgestelle weg, neue Drehgestelle drunter, Wagen runter. Nur laufen in China noch ein paar Arbeiter mehr durch die große Halle.

Irgendwann bekommen wir unsere Pässe wieder. Der Zug wird zusammen rangiert (so hart das fast das Abteil zusammen bricht) und weit nach Mitternacht fährt unser Zug weiter. Endlich Zeit zum Schlafen.

Am nächsten Morgen geht der erste Blick wie immer aus dem Fenster. Die Landschaft sieht wirklich sehr Chinesisch aus! Der Blick fällt auf Reis Terrasse, einen Staudamm und viele kleine spitze Berge. Es ist alles ganz anders als noch gestern in der mongolische Steppen. Das ist das Tolle an der Zugfahrt: Eine Nacht und man wacht ich einer komplett neuen Gegend auf.

Um 8:00 erreichen wir Datong. Kurzer Halt, also schnell mal Raus und etwas bewegen. Die Stadt ist groß. Viele Wohnsilos ragen in den Hinmel. Hier wohnen auch einige Millionen Chinesen. Nach einige Kilometer wird es wieder ländlicher. Am Horizont zeigen sich Berge, davor Landwirtschaft. Meist wird hier Mais angebaut. Oft sieht man die typischen Dreiräder mit allerlei Waren bepackt. Zhangjiakou ist unser letzter großer Halt. Unspektakulärer Bahnhof. Hier werden nochmal die Bremsen des Zugs geprüft. Am weiter Streckenverlauf begegnen unserem Zug alle paar Minuten lange Züge mit Kohlenwagen. Das Tal wird immer enger. Vorbei an Städten und Industrie.

Kurz vor unserem Ziel wird es nochmal Spektakulär! Das Tal wird enger und enger. Die Streckenführung wurde mit viel Aufwand in den Fels gehauen. Auch gibt es keine zweigleisige Streckenführung mehr. Für das andere Gleis ist nur noch Platz auf anderem Wege oder komplett auf der gegenüberliegende Talseite. Es kommt Tunnel nach Tunnel. Dazwischen bieten sich Möglichkeit auf tolle Fels-Formationen zu schauen. Der Blick tief ins Tal fällt auf eine ruhigen Fluss. Dieser wird aber immer wieder mal aufgestaut zu einem großen See. Auf der anderen Talseite sieht man mal einen anderen Zug fahren. Fast alle im Zug stehen am Fenster und schauen sich dies an. Zum Ende dieser länger Fahrt wird nochmal viel geboten. Nur der Blick auf die Chinesische Mauer der bleibt uns verwehrt. Haben wir diese Übersehen oder sind wir über eine andere Streckenführung nach Richtung Peking gefahren?

Pünktlich erreichen wir den Hauptbahnhof von Peking. Es ergießen sich Hunderte Backpacker und Touristen auf den Bahnsteig und den Bahnhofsvorplatz. Auf Versuche mit der Ubahn haben wir jetzt keine Lust mehr. Wir nehmen uns ein Taxi direkt in unser Hostel mitten in einer der Hutongs in der Stadtmitte.

2 Gedanken zu: “Im Zug von der Mongolei nach China

  • Nils 2. September 2018 at 9:43

    Hello,
    klingt spannend was ihr erlebt habt!
    Wie schwer war es an die Tickets zu kommen (kurzfristig?)?
    Wir wollen ab der Mongolei nach China einreisen, aber eigentlich gerne nur bis irgendwo hinter der Grenze.
    Grüße, Anna und Nils von Travelbees.de

  • Michael 4. September 2018 at 16:13

    Hi Nils, ich hab die Tickets damals schon im Vorhinein über eine Agentur gebucht. Das größte Problem ist halt die Sprachbarriere. Deswegen hab ich mir das einfach über den Ticketschalter nicht getraut.

    Die Züge Richtung China waren auch sehr voll mit Touristen. Vermute mal das hier eine frühzeitige Reservierung je nach Zug auch praktisch ist.

    Hoffe ich konnte etwas helfen.

    Gruß Michael

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